Zukunft der Arbeit
Die Arbeiten in unserem Forschungsbereich „Zukunft der Arbeit“ führten zur Gründung des Dr. Theo and Friedl Schöller-Forschungslabor „Zukunft der Arbeit“, welches die Aktivitäten bündelt, um zum einen internationale Spitzenforschung zu fördern, aber auf der anderen Seite auch den Transfer unserer Forschung in die Unternehmenspraxis sicherzustellen.
Folgenden Forschungsschwerpunkte und -projekte machen diesen Forschungsbereich aus:
Office, Home-Office und hybrids Arbeiten
Im Rahmen der Forschung zur „Zukunft der Arbeit“ setzt sich die Forschung am Schöller-Stiftungslehrstuhl mit dem Thema Home-Office bzw. hybrides Arbeiten auseinander. Seit der Ölkrise in den 1970er Jahren wird darüber diskutiert, ob es Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat, wenn letztere ihre Arbeit von zu Hause aus erledigen. In den 1970er ging es vor allem um das Pendeln zum Arbeitsplatz und somit darum Öl (Kraftstoff) zu sparen.
In den letzten 50 Jahren hat sich daraus eine lebhafte Diskussion entwickelt: Der technische Fortschritt (leistungsfähige PCs, das Internet, bezahlbare Laptops und Tablets zum mobilen Arbeiten, Smartphones) trug dazu bei, die Infrastruktur für das Arbeiten von zu Hause oder einem anderen Ort (z.B. dem Kaffeehaus in der Innenstadt) zu schaffen. Die Informations- und Kommunikationstechnologie ist eine Voraussetzung, dass dieses verteilte Arbeiten funktionieren kann. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass Technologieunternehmen oft als Best Practise für „New Work“ genannt werden. Und auch durch die Open-Source-Software-Entwicklung zeigt die Technologiewelt, wie man in geographischen verteilten Teams, die teilweise rein online zusammenarbeiten, erfolgreich Software ent- und weiterentwickeln kann. Daher ist es nicht überraschend, dass Home-Office oder hybrides Arbeiten auch für andere Berufswelten oder in anderen Unternehmen zunehmend auf der Tagesordnung steht und Entscheidungsträger überlegen, wie der richtige Mix zwischen Büroarbeit in Präsenz und Telearbeit im Home-Office oder an einem anderen Ort funktionieren kann.
Die Corona-Pandemie hat dem Thema in den Unternehmen, der Politik und der breiten Öffentlichkeit eine große Aufmerksamkeit beschert. Ohne Telearbeit (Home-Office) wären viele Herausforderungen im Rahmen der Pandemie nicht gestaltbar gewesen. Viele Unternehmen und Mitarbeitende haben in dieser Zeit schnell gelernt bzw. lernen müssen, wie Zusammenarbeit in Teams und Projekten virtuell erfolgreich gestaltet werden kann. Es gab jedoch auch Herausforderungen, die es zu meistern galt.
Diese Herausforderungen sind dabei nicht neu. Unternehmen wie IBM, Yahoo, Best Buy oder die Bank of America hatten vor ein paar Jahren begonnen, die Möglichkeiten für Telearbeit (Home-Office) in ihren Unternehmen zu reduzieren oder komplett einzustellen¹. Man hatte gemerkt, dass ein zu großes Ausmaß an Telearbeit sich negativ auf Innovation und Kreativität und andere Aspekte, die für eine erfolgreiche Zusammenarbeit wichtig sind, auswirkt.
In unseren Forschungsarbeiten tragen wir in diesem Spanungsfeld der Vor- und Nachteile von hybridem Arbeiten zu einem besseren Verständnis der Mechanismen bei, warum und wie Vorteile realisiert werden können, was die Ursachen von negativen Konsequenzen sind und wie Unternehmen und deren Mitarbeitenden den richtigen Modus finden können, um hybrides Arbeiten erfolgreich umsetzen können zu können.
Unsere Erkenntnisse sollen dazu beitragen, dass in der Wissenschaft, der Politik und in der breiten Öffentlichkeit eine Diskussion geführt werden kann, welche Bedeutung dem Ort „Büro“ zukünftig beigemessen wird und wie die Herausforderungen des hybriden Arbeitens gut gestaltet werden können. Diese Erkenntnisse können schließlich in die aktuellen Überlegungen einfließen, ob es grundsätzlich ein Recht auf Home-Office für Mitarbeitende in Unternehmen geben sollte. Die Diskussionen und die Ergebnisse der Pre-Corona-Zeit legen nahe, dass der Ort „Büro“ weiter eine große Bedeutung haben wird. Die Beobachtungen während der andauernden Pandemie zeigen jedoch auch, dass Home-Office und virtuelles Arbeiten durchaus positive Auswirkungen auf den Arbeitsalltag haben. Je nach Aufgabe und Branche kommt es jedoch auf den richtigen Mix aus Büro- und Telearbeit an, so dass keine generelle Empfehlung für ein bestimmtes Konzept ausgesprochen werden kann. Hier sind die Merkmale und Herausforderungen des jeweiligen Kontexts mit zu berücksichtigen. In den aktuellen Forschungsarbeiten des Schöller-Stiftungslehrstuhl wird sich daher genau diesen Fragestellungen gewidmet, um weitere Beiträge zu dieser Diskussion leisten zu können, wie hybrides Arbeiten erfolgreich als ein Teil der Arbeitsrealität in den Unternehmen werden bzw. bleiben kann.
People Analytics: Data Science im HR
Data Science in HR kann als die datengetriebene und zielorientierte Methode zur Untersuchung von Mitarbeiterprozessen, Herausforderungen, Engagement, Leistung, Fluktuation sowie Möglichkeiten zur Ableitung von Maßnahmen im HR-Kontext definiert werden. Data Science in HR wird mitunter auch als People Analytics oder Workforce Analytics bezeichnet.
Im Wesentlichen führt Data Science in HR durch die Anwendung von statistischen Verfahren und anderen Dateninterpretationstechniken zu einer besseren Entscheidungsfindung. Daher kann Data Science in HR auch als ein Ansatz definiert werden, statistische Erkenntnisse aus Mitarbeiterdaten zu nutzen, um evidenzbasierte Entscheidungen im HR-Management zu treffen. Mit Data Science in HR sind intelligentere, strategischere und datengestützte Mitarbeiterentscheidungen greifbarer, und dies gilt für den gesamten Mitarbeitenden-Lebenszyklus – vom Treffen besserer Einstellungsentscheidungen über ein effektiveres Leistungsmanagement bis hin zu einer besseren Mitarbeiterbindung.
In den Forschungsarbeiten des Lehrstuhls werden sowohl Verfahren zur Analyse von HR-Fragestellungen durch statistische Verfahren entwickelt als auch entsprechende Analyseprojekte in Kooperation mit Unternehmen durchgeführt. Im Mittelpunkt steht dabei auch die Frage, wie Data Science in HR zu einer diskriminierungsfreieren Arbeit im HR Management beitragen kann.
Talent Management & Recruiting
Das Management der personellen Ressourcen in Unternehmen ist ein wesentlicher Aspekt des Managements im digitalen Zeitalter. Durch die Verschiebung von automatisierten und nicht-automatisierten Aufgabenträgern sowie den Potentialen von digitalen Technologien ergeben sich neue Herausforderungen und Chancen für das Human Resources Management (HRM).
Wir setzen uns mit betriebswirtschaftlichen und technischen Voraussetzungen, Erfolgsfaktoren, Implementierungsvarianten und weiteren Implikationen von digitalen Technologien im HRM für Individuen und Unternehmen auseinander. In verschiedenen Projekten mit Unternehmen wurden Implementierungsstrategien für digitale Personalakten, elektronische HR-Workflows, künstliche Intelligenz basierte Ansätze, People-Analytics-Projekte, Weiterbildungskonzepte, Rekrutierungsstrategien und –kampagnen sowie für das Onboarding neuer Mitarbeitenden erforscht und in Projekten mit der Unternehmenspraxis realisiert. Diese Implementierungsstrategien ergeben das vom Lehrstuhl definierte „E-HRM-House“, um unterschiedliche Konzepte eines Human Resources Information Systems (HRIS) und deren Anwendung zur die vielfältigen Aufgaben im HRM zu illustrieren und Unternehmen einen Handlungsrahmen zu beschreiben, welche digitalen Technologien in welchen Kontexten zielführend eingesetzt werden können.
Wir erforschen zudem die Anforderungen an die „Digital Workforce“ in Form von Einstellung, Fähigkeiten, Wissensanforderungen, Motivation und Verhaltensweisen die notwendig sind, um die Digitalisierung in Unternehmen erfolgreich gestalten zu können. So leisten wir einen Beitrag, um Konzepte für die Qualifizierung von Individuen für die „Digital Workforce“ ableiten zu können.
Eine Herausforderung dabei ist, neue Mitarbeitende zu finden. Der „War for Talent“ eine der großen Herausforderungen für Unternehmen. Dies gilt insb. hinsichtlich des Mangels an IT-Talenten am Arbeitsmarkt und somit für das IT-Talent Management im Besonderen. Mit unserer Forschung tragen wir zu einer erfolgreichen Rekrutierung von Talenten bei. Eine wesentliche Erkenntnis dabei ist, dass eine einzelne „One fits all“ – Strategie meist nicht zielführend ist, sondern, dass vielmehr ein umfassendes Portfolio an zielgruppenorientierten Strategien und Maßnahmen notwendig ist (z.B. Boomerang-Hires), um den Herausforderungen gerecht zu werden.
Im Rahmen der Forschung ist das FISH-Framework entstanden, welches ein Vorgehensmodell zur Definition eines umfassenden Portfolios an zielgruppenorientierten Strategien und Maßnahmen zur Rekrutierung von (IT-) Fachkräften umfasst. Dabei werden die Strategien und Maßnahmen hinsichtlich kurzfristiger und langfristiger Wirksamkeit unterschieden sowie die Verfügbarkeit von Talenten am Arbeitsmarkt berücksichtigt. Die Suche nach Talenten kann dabei wie die Tätigkeit eines Fischers interpretiert werden, der entweder ein Netz auswirft und aus einer Vielzahl von Fischen auswählen kann (kurzfristige Maßnahmen für eher verfügbare Zielgruppen) oder der mit einer Angel, dem richtigen Köder und am richtigen Ort fischt (kurzfristige Maßnahmen für knappe Zielgruppen). Für den langfristigen Erfolg würde ein Fischer Fische anfüttern (langfristige Maßnahme für eher verfügbare Zielgruppen) oder er würde anfangen wie ein Fisch zu denken (langfristige Maßnahmen für knappe Zielgruppen). Mit dieser Metapher, die die Grundlage für das FISH-Framework ist, konnten in vielen Projekten entsprechende Talent-Management-Strategien entwickelt und Maßnahmen definiert werden, um erfolgreich Talente für ein Unternehmen gewinnen und binden zu können.
Zusammenarbeit und Enterprise-Social-Media
Die Gestaltung von Zusammenarbeitsprozessen in digitalen Arbeitssystemen steht im Mittelpunkt dieses Forschungsschwerpunktes. Digitale Technologien werden genutzt, um Prozesse und Aufgaben zu automatisieren und verändern somit die Art und Weise wie Menschen zusammenarbeiten. Dabei steht nicht mehr allein die Zusammenarbeit zwischen Menschen im Mittelpunkt. Durch die zunehmende Digitalisierung ist auch die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine immer wichtiger geworden. Aus diesem Grund erforschen wir, wie digitale Technologien unterschiedliche Arbeitssysteme verändern (z.B. Softwareentwicklung, Finanzberatung, Rekrutierung, etc.), wie deren Herausforderungen analysiert und strukturiert werden können und welche Aspekte die Akzeptanz von digitalen Arbeitssystemen fördern bzw. hindern.
Im Rahmen dieser Forschung ist basierend auf einer Vielzahl von Projekten mit Unternehmen das „ECM ABC“ entstanden, welches als Vorgehensmodell in der Lage ist, Herausforderungen digitaler Arbeitssysteme und der Zusammenarbeit in Unternehmen zu analysieren, um entsprechende Implikationen für deren effektive und effiziente Gestaltung abzuleiten.
Eine wesentliche Technologie für Zusammenarbeit ist Social Media. Bekannt geworden sind soziale Medien durch die Verwendung im Privaten. Seit über 20 Jahren erstellen Menschen Profile auf diesen Plattformen, vernetzen sich mit ihren Freunden und Bekannten und tauschen Inhalte aus. Angespornt von der zunehmenden Wirkung und den Fähigkeiten der sozialen Medien im Privaten begannen Unternehmen zunehmend, soziale Medien für ihre Bedürfnisse zu nutzen. Enterprise Social Media ist der Begriff, der sich aus dem Überbegriff soziale Medien ableitet und ist definiert als soziales Medium, das die interne Kommunikation, den Wissensaustausch und Interaktionsprozesse innerhalb eines Unternehmens oder zwischen Organisationen unterstützt. Im Gegensatz zur externen Nutzung von Social Media, die sich über viele öffentliche Plattformen erstreckt, implementieren die meisten Unternehmen eine integrierte Social-Media-Plattform, die mehrere Arten von Enterprise Social Media enthält. Beispielsweise ahmen die meisten internen Social-Media-Plattformen in Aussehen, Bedienung und Funktionalität beliebte Social-Networking-Seiten wie Facebook nach. Eingebettet in diese Plattform findet man jedoch oft Blogs und Wikis sowie Arten von Enterprise Social Media, über die Social Tagging und Dokumentenaustausch stattfinden können. In unserer Forschung entwickeln wir Nutzungsszenarien für Enterprise Social Media und analyiseren das Nutzungsverhalten in den Plattformen, um Rückschlüsse auf den Einflus von sozialen Netzwerken auf digitale Arbeitssysteme zu ziehen.
XR & Metaverse
In unserem Forschungslabor fokussieren wir zudem auf die Auswirkungen von Extended Reality (XR) und Metaverse auf die Zukunft der Arbeit. Unser Fokus liegt dabei auf der Untersuchung, wie diese Technologien und Konzepte genutzt werden können, um die Arbeitswelt zu verbessern und neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit, Lernens und Kommunikation zu eröffnen.
Ein Schwerpunkt unserer Forschung liegt auf der Anwendung von XR-Technologien wie Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) in der Arbeitswelt, insbesondere in Bereichen wie Schulung und Remote-Arbeit. Wir untersuchen dabei die Möglichkeiten von virtuellen Meetings und Zusammenarbeit in virtuellen Umgebungen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Analyse der Auswirkungen dieser Technologien auf die Arbeitsplatzgestaltung und die Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf die Arbeitsplatzflexibilität und die Möglichkeiten der Remote-Arbeit.
Wir wollen das Zusammenspiel von XR, Metaverse und der Zukunft der Arbeit besser verstehen und die Möglichkeiten dieser Technologien und Konzepte zur Verbesserung der Arbeitswelt untersuchen. Unser Ziel ist es, einen Beitrag zur Schaffung einer zukunftsfähigen und innovativen Arbeitswelt zu leisten und damit die Produktivität aber vor allem die Zufriedenheit der Arbeitnehmer:innen zu erhöhen.